Digitalisierung in der Schule – die Corona-Pandemie deckt Lücken schonungslos auf
Als im Frühjahr diesen Jahres die Schulen in Deutschland und in vielen anderen Ländern flächendeckend schlossen, konnten wir alle ein spannendes Experiment des digitalen Unterrichts erleben. Allerdings nicht in Deutschland. Denn hier zeigte sich deutlich, wie schlecht es um die Digitalisierung der Schulen bestellt ist und wo die großen Probleme liegen.
Gewünscht, geliebt, gefürchtet – digitale Lehrmittel in den Schulen
Mit dem “Digitalpakt Schule” wollte die Bundesregierung viel Geld zur Verfügung stellen, damit Schulen mit den wichtigen digitalen Lehrmitteln ausgestattet werden können. Abgerufen wurden von diesen Mitteln jedoch bisher nur kleinere Summen. Nicht, weil die Schulen dies nicht wollten, sondern weil es häufig ein enormer bürokratischer Aufwand war, diese Mittel überhaupt zu beantragen. Zudem es noch weitere Probleme gibt. Denn wer ist innerhalb der Schulen oder der einzelnen Regierungsbezirke für die Betreuung der Technik zuständig? An den meisten Schulen ein motivierter und technisch interessierter Lehrer, der im Gegenzug zu einer Stunde weniger Unterrichtsverpflichtung diese Aufgaben übernimmt. Wie soll allerdings ein Lehrer, der keine ausgewiesene Fachkraft ist, nicht nur die Technik am Laufen halten, sondern den Umgang mit den Geräten und Programmen noch den Kollegen vermitteln?
Es fehlen IT-Fachkräfte in großer Zahl an den Schulen, welche für die technische Betreuung sorgen und einen reibungslosen Ablauf sicherstellen. Doch solche Fachkräfte wachsen nicht auf Bäumen und werden in der freien Wirtschaft in der Regel weitaus besser bezahlt. Stellt sich also die Frage, wie die Regierung und wie die Schulen auf eine stärkere Digitalisierung reagieren sollen? Die meisten Schulen und ein großer Teil der Lehrer sind für die Digitalisierung im Unterricht und für die neuen Möglichkeiten. Ihnen sind allerdings rein aus technischen Gründen die Hände gebunden, sodass ein digitaler Unterricht auf regulärer Basis in der nächsten Zeit kaum möglich sein wird.
Das soziale Ungleichgewicht wird deutlich
Ein weiterer Punkt betrifft nicht die Lehrer, sondern vor allem die Schüler. Gerade einmal 88 Prozent aller Schüler haben ein digitales Endgerät im eigenen Haushalt, welches für ein digitales Schulangebot genutzt werden kann. Hinzu kommt die Tatsache, dass ein Gerät im Haushalt nicht viel aussagt, wenn sich zwei oder mehr Schüler in einem Haushalt befinden. Auch wenn viele Bundesländer nun Leihgeräte für diese Schüler zur Verfügung stellen, hapert es dennoch häufig am zugehörigen Internetanschluss. Doch auch hier ist Abhilfe in Sicht. Die Telekom hat angekündigt für Schüler einen Datentarif für 10 Euro im Monat zur Verfügung zu stellen. Bis wann sich allerdings diese Maßnahmen in allen Schulen verbreiten und bis zu welchem Zeitpunkt 100 Prozent aller Schüler die digitalen Lehrmittel zur Verfügung haben werden, steht weiterhin in den Sternen.
Das Schuljahr 2020/21 wird die Fehler nochmals offenlegen
Das neue Schuljahr hat begonnen und zeigt bereits jetzt, dass die ersten Schulen aufgrund von Quarantänen bereits wieder schließen müssen. Es wurde gehofft, dass die Schulen und die zuständigen Kultusminister und Ämter die Zeit der Sommerferien genutzt hätten, um das digitale Angebot zu erweitern und zu verbessern. Doch wie es den Anschein erweckt, ist nichts in der Zwischenzeit geschehen. Steigen also die Infektionszahlen weiter und kommt es wieder zu größeren Schulschließungen in diesem Schuljahr, verlieren die Kinder nicht nur einen oder zwei Monate, sondern im schlimmsten Fall ein halbes Schuljahr. Für eine Industrienation wie Deutschland keine gute Präsentation, wenn es denn so kommen sollte. Es wird wieder vom Bemühen einzelner Lehrkräfte abhängig sein, wie gut und in welchem Maße Schüler der unterschiedlichen Schulformen beschult werden können.
Bild: ©2mmedia/ Adobe Stock